Rheumatoide Arthritis

Sylvia ist eine von 154 Patient:innen, die mit uns offen über ihren Umgang mit Arzneimitteln gesprochen haben. Sie wollte, dass ihre Geschichte veröffentlicht wird – damit andere aus ihrer falschen Entscheidung lernen können.

Die Inhalte dienen ausschließlich Ihrer allgemeinen Information. Sie ersetzen nicht das persönliche Gespräch mit Ärzt:innen oder Apotheker:innen. Unsere Informationen, Entscheidungshilfen und Tipps möchten Sie dabei unterstützen, gut informierte und überlegte Entscheidungen zu treffen. Sie entbinden Sie jedoch nicht von der persönlichen Verantwortung – und können keine Garantie für eine im individuellen Fall „richtige“ Entscheidung geben. Die Namen und Bilder wurden aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes geändert.

Bei Fragen, Unsicherheiten oder Nebenwirkungen in Ihrem persönlichen Fall, wenden Sie sich bitte direkt an Ihre behandelnde Ärztin, Ihren Arzt oder an eine Apothekerin bzw. einen Apotheker Ihres Vertrauens.

Beachten Sie auch unsere 5 Denkanstöße für bessere Entscheidungen. 

Die Inhalte dienen ausschließlich Ihrer allgemeinen Information. Sie ersetzen nicht das persönliche Gespräch mit Ärzt:innen oder Apotheker:innen. Unsere Informationen, Entscheidungshilfen und Tipps möchten Sie dabei unterstützen, gut informierte und überlegte Entscheidungen zu treffen. Sie entbinden Sie jedoch nicht von der persönlichen Verantwortung – und können keine Garantie für eine im individuellen Fall „richtige“ Entscheidung geben. Die Namen und Bilder wurden aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes geändert.

Bei Fragen, Unsicherheiten oder Nebenwirkungen in Ihrem persönlichen Fall, wenden Sie sich bitte direkt an Ihre behandelnde Ärztin, Ihren Arzt oder an eine Apothekerin bzw. einen Apotheker Ihres Vertrauens.

Warum Sylvia ihre Geschichte veröffentlicht hat.

Sibylle möchte mit ihrem Bericht anderen Mut machen, über die eigenen Ängste zu sprechen – und nicht vorschnell eine Therapie abzulehnen. Sie hat erfahren, wie stark Gefühle unsere Wahrnehmung von Risiken verzerren können und dass das „Nichts tun“ manchmal die größte Gefahr ist. Ihre Geschichte soll anderen Patient:innen helfen, Risiken und Nutzen nüchterner abzuwägen und gemeinsam mit ihren Ärzt:innen tragfähige Entscheidungen zu treffen.

Diagnose und Therapie

Sibylle K., 57 Jahre, ehemalige Sportlehrerin, lebt seit vielen Jahren mit chronischer Polyarthritis. Die Schmerzen und die Morgensteifigkeit nehmen langsam zu, trotz Basistherapie mit Methotrexat. Ihr Rheumatologe empfiehlt daher den nächsten Schritt: eine Behandlung mit Adalimumab, einem Medikament, das die Entzündungsprozesse gezielt hemmt und das Fortschreiten der Erkrankung wirksam verlangsamen kann.

Sibylle ist zunächst offen, liest aber zu Hause den Beipackzettel und recherchiert im Internet. Dort stößt sie auf Berichte über Infektionen, seltene Krebsfälle, dramatische Einzelschicksale.
Was als Therapieempfehlung begann, wird in ihrem Kopf zur Bedrohung:

„Ich will keine Medikamente, die das Immunsystem ausschalten. Wer weiß, was ich mir damit einhandle?“

Sie entscheidet sich gegen die Behandlung. Stattdessen bleibt sie bei Schmerzmitteln, pflanzlichen Präparaten und gelegentlichen Kortisonspritzen – „das kommt mir natürlicher vor“.

Zwei Jahre später sind mehrere Gelenke dauerhaft geschädigt, die Beweglichkeit stark eingeschränkt. Ihre frühere Selbstständigkeit im Alltag ist verloren gegangen.

Wenn sich das Risiko stärker anfühlt als es tatsächlich ist

Sibylles Entscheidung war keine unüberlegte Verweigerung. Sie war das Ergebnis einer verzerrten Risikowahrnehmung – ein Phänomen, das die Psychologie gut kennt.

Ein zentraler Mechanismus dabei ist die sogenannte Affektheuristik: Wir bewerten Risiken nicht nur mit dem Verstand, sondern stark über das Gefühl. Was sich beängstigend, unnatürlich oder fremd anfühlt, erscheint uns gefährlicher – selbst wenn die statistische Wahrscheinlichkeit gering ist.

Auch Sibylles Satz „Ich will keine Medikamente, die das Immunsystem ausschalten. Wer weiß, was ich mir damit einhandle?“ geht auf diese Denkfalle zurück. Denn tatsächlich schalten Biologika das Immunsystem nicht ab, sondern sie bremsen gezielt bestimmte Botenstoffe, die bei Entzündungen überaktiv sind. So wird das Immunsystem reguliert – nicht ausgeschaltet.

Sibylles Angst entstand nicht nur durch das Lesen des Beipackzettels oder Internetforen – sie wurde auch durch einen bekannten Satz mitgeprägt, den wir alle im Ohr haben:

„Bei Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.“


Dieser Satz ist gut gemeint und medizinisch korrekt – aber er setzt unbewusst ein mentales Signal, das unsere Aufmerksamkeit auf Gefahren fokussiert.
Die Psychologie spricht hier vom Priming-Effekt: Einzelne Wörter oder Formulierungen aktivieren bestimmte Gedankennetze – ohne dass wir es merken. Wer das Wort „Risiko“ hört, beginnt (oft automatisch), nach möglichen Bedrohungen zu suchen – nicht nach Nutzen oder Chancen.

Die Arbeiten des amerikanischen Psychologen Paul Slovic, einer der Pioniere der Erforschung unserer Risikowahrnehmung zeigt genau das:

  • Risiken, die emotional aufgeladen sind, fühlen sich größer an.
  • Neue, komplexe oder schlecht kontrollierbare Risiken – wie bei modernen Medikamenten – wirken bedrohlicher.
  • Vertraute oder schleichende Gefahren hingegen – wie die unbehandelte Entzündung bei Rheuma – werden oft unterschätzt.

So wurde Adalimumab für Sibylle nicht zu einem Schutzfaktor, sondern zu einem Angstthema.
Das scheinbar passive „Nichts tun“ fühlte sich sicherer an – obwohl es langfristig das eigentliche Risiko darstellte.

Warum Sibylle ihre Einstellung änderte

Bei einem späteren Kontrollbesuch nimmt sich ein junger Arzt Zeit für das Gespräch. Er fragt nach ihren Ängsten – und hört zu. Dann sagt er:

„Viele Menschen fürchten Nebenwirkungen, die vielleicht nie eintreten – und unterschätzen dabei, was ihre Krankheit tatsächlich schon mit ihnen macht.“

Er zeigt ihr bildlich, was „Stillstand“ bei chronischer Entzündung bedeutet. Nicht das Medikament sei das Risiko – sondern das Fortschreiten ohne Schutz.
Er sagt:

„Adalimumab wirkt leise. Sie merken es kaum – aber es hält Ihre Gelenke beweglich.“

Sibylle beginnt zu verstehen: Nicht zu handeln war keine Schonung – es war ein Verzicht auf Schutz.
Sie entscheidet sich für die Therapie.

Sylvia und die Affektheuristik

Ein Grund für Sylvias Entscheidung gegen das Medikament war die Affektheuristik. Sie ist eine der häufigsten Abkürzungen, die wir auf dem Weg zu unseren Entscheidungen nehmen.

Mehr über unsere Abkürzungen beim Entscheiden finden Sie hier:

Gute Karten für bessere Entscheidungen

Die oben abgebildete Karte ist Teil des Kartensatzes „Gute Karten für bessere Entscheidungen“. Sie finden ihn demnächst in unserem Online Shop.

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Was andere Patient:innen aus Sibylles Geschichte lernen können

  • Risiken fühlen sich oft größer an, wenn sie emotional aufgeladen sind.
  • Wir neigen dazu, Medikamente nach unserem „Bauchgefühl“ zu bewerten – nicht nach Nutzen und Notwendigkeit.
  • Entscheidungen, die auf Angst beruhen, führen selten zu langfristigem Gewinn.
  • Vermeintliches Nicht-Handeln ist auch eine Entscheidung – mit Folgen.

Wenn Sie also denken:
„Ich will kein Risiko eingehen.“… fragen Sie sich auch:

„Welches Risiko gehe ich ein, wenn ich nichts ändere?“
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